Donnerstag, 16. September 2010

Hannelore Kraft fehlt der Mut / womblog, ruhrbarone, wir in nrw, annika joeres, spd nrw, spd berlin

Belljangler: "Winfried, Du hast die Regierungserklärung der Hannelore Kraft-Regierung selbst stark kritisiert:

http://belljangler.wordpress.com/2010/09/15/die-luftnummer-der-hannelore-kraft-regierungserklarung/

obwohl Du positive Ansätze in ihrer Politik siehst. Sie scheint das Umverteilungsspiel von unten nach oben ja - auch entgegen dem, was man von SPD/Die GRÜNEN gewohnt ist - als falsch erkannt zu haben. Aber Du meinst, sie zeige viel zu wenig Mut, sich offen dazu zu bekennen?"

Winfried Sobottka: "Das Vorgehen der Hannelore Kraft erinnert mich an das Vorgehen von Stäben intelligenter SS-ler, die Juden oder Halbjuden retten wollten. Sie sagten nicht, dass es ein Verbrechen sei, Juden zu morden, sondern sie argumentierten damit, dass es besser sei, die Juden menschlich zu behandeln, um sie für Kriegszwecke ausnutzen zu können, dass die überlegenen arischen Gene in Halbjuden die jüdischen Gene bezwingen würden und so weiter. Wer sich damals offiziell für Juden einsetzen wollte, musste das wohl
auf solchen Umwegen tun, wenn er nicht selbst im KZ landen wollte. Auch Oskar Schindler konnte nur mit solchen Argumentationen Juden retten, wurde später dafür auch von Israel hoch geehrt. Aber ich sehe es nicht, dass Kraft im KZ landen würde, wenn sie klare Worte sagte."

Belljangler: "Was wirfst Du Kraft insofern vor?"

Winfried Sobottka: "Dass sie dem Unsinn, den Laumann, "Die Welt" und so weiter hinsichtlich der von Kraft geplanten Finanzpolitik verkünden, nicht mit aller Entschiedenheit entgegentritt, sondern sogar noch bemüht ist, ihre Politik als pure neoliberale Vernunft zu verkaufen. Es lässt sich zwar nicht bestreiten, dass die Jahrzehnte lange Umverteilung von unten nach oben und die Sparpolitik im Öffentlichen Sektor letztlich zu Rekordschulden im öffentlichen Bereich geführt haben, während die Superreichen im Gelde schwimmen, wie nie zuvor, aber darum kann es in Wahrheit doch nicht primär gehen. Kraft verkennt, dass die herrschende Umverteilungs- und Rotstiftpolitik quer durch die Gesellschaft nicht mehr gewollt ist, dass das Volk in allen Schichten mehrheitlich einen Paradigmenwechsel will, der sich mit neoliberalen Vorstellungen nicht verträgt, dass die Sehnsucht nach einer menschlichen und damit auch gerechten Gesellschaft die Leute treibt wie niemals in den letzten Jahrzehnten zuvor.  Sie nutzt diese Dinge nicht, um ihre Kritiker knallhart an die Wand zu spielen, ein für alle Male zu klären, in welche Richtung Politik zu weisen habe. Stattdessen erklärt sie: "Ja, jetzt muss ich zwar Schulden machen, aber langfristig rechnet sich das doch in Geldeinheiten!" Sie müsste nur noch ergänzen: "Und dann können wir auch die Spitzensteuersätze wieder senken...."

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